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Die Samengärtnerei. Eine fast vergessene Kunst

Die Samengärtnerei war früher selbstverständlicher Teil der gärtnerischen und landwirtschaftlichen Ausbildung. Es wurde gelehrt, was beim Anbau von sogenannten Samenträgern zu beachten ist (zum Beispiel die Einhaltung größerer Pflanzabstände, um ein Ineinanderwachsen der ausladenden Samenstände zu vermeiden), welchen Einfluß die Befruchtungsbiologie hat (Fremd- oder Selbstbefruchter?), wie das Saatgut geerntet, gedroschen, gereinigt und gelagert wird.

Saatguternte im eigenen Garten

Und auch im Haus- und Bauerngarten war es – im kleineren Maßstab – gang und gäbe, von den bewährten, für gut befundenen Blumen und Gemüsen Saatgut für die nächste Saison zu ernten – für den eigenen Gebrauch, aber auch zum Tauschen und Weitergeben. Solche Sorten waren an die jeweils vorherrschenden, regionalen Standortbedingungen hervorragend angepaßt, wurden über Generationen weitergegeben – und damit automatisch erhalten.

Etwa ab den 1950er Jahren gingen aber Interesse und Wissen um die Samengewinnung, um die Vermehrung und Erhaltung von Sorten mehr und mehr verloren, denn es wurde zum „Spezialwissen“, das sich aus der bäuerlichen in die Hand von Züchtungsbetrieben verlagerte und auf das Landwirte und Gärtner fortan keinen Zugriff mehr hatten.

Heute ist die Samengärtnerei im Privaten wichtiger denn je – als ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität unserer Kulturpflanzen. Denn die Professionalisierung der Saatgutvermehrung durch weltweit agierende Züchtungskonzerne führte zu einer rasanten Sortenverarmung. Einige wenige Hochleistungssorten, die vor allem auf maximalen Ertrag und uniformes Wachstum (Größe, Reifezeitpunkt etc.) hin gezüchtet wurden, verdrängten schnell die über Jahrhunderte gewachsene Sortenvielfalt, die aufgrund viel naheliegender Kriterien entstanden ist: guter Geschmack, lange Erntezeit, gute Verwertbarkeit, Gesundheit, Robustheit oder auch einfach eine schöne duftende Blüte.

Das Problem mit den F1-Hybriden

Voraussetzung für die Saatgutgewinnung im eigenen Garten ist – neben dem Wissen um Kulturführung, Befruchtungsbiologie, Ernte- und Aufbereitungstechniken – eine sogenannte samenfeste Sorte. Eine Sorte also, die ihre Eigenschaften komplett an die Nachkommenschaft weitergibt und sich im Laufe der Zeit nur sehr langsam verändert. Dazu gehören Lokal- und Regionalsorten, alte gärtnerische Zuchtsorten und neuere Sorten aus biologischer Züchtung. Im Gegensatz dazu stehen die sogenannten F1- Hybriden (F1 = 1. Filial(Tochter-)generation). F1-Saatgut ist „Einmalsaatgut“: Die gewünschten Sorteneigenschaften kommen nur im ersten Jahr zur Ausprägung. Wird eine solche Pflanze auf dem üblichen Wege weiter vermehrt, bietet die nächste Generation ein höchst uneinheitliches, in vielerlei Hinsicht auch schlechteres Bild. Die Sorte spaltet in verschiedene Formen auf, ist nicht beständig und kann im Hausgarten nicht sinnvoll vermehrt werden.

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