Espressomaschinen

Stellen Sie sich vor, Sie wären zurück in der Schule und müssten einen Aufsatz schreiben. Das Thema: „Was ist Espresso?“ – Und? Könnten Sie differenziert antworten? Wenn ja: Respekt, Sie haben Ahnung. Wenn nicht: keine Schande. Denn vermutlich ... Weiterlesen

Ratgeber

Woran man einen guten Espresso erkennt

Stellen Sie sich vor, Sie wären zurück in der Schule und müssten einen Aufsatz schreiben. Das Thema: „Was ist Espresso?“ – Und? Könnten Sie differenziert antworten? Wenn ja: Respekt, Sie haben Ahnung. Wenn nicht: keine Schande. Denn vermutlich haben nur die wenigsten Deutschen eine konkrete Vorstellung, was einen richtigen Espresso ausmacht und welche Eigenschaften eine Espressomaschine mitbringen muss, um den kleinen, starken Kaffee so zuzubereiten, dass er den hohen italienischen Anforderungen genügt. Man muss ihn ordentlich unter Druck setzen, das ist das Geheimnis. Und wir verraten Ihnen auch, wie das funktioniert.

Ein Espressokocher ist keine Espressomaschine. Er macht noch nicht mal Espresso.

Der reisende Kaffeeliebhaber hat es nicht leicht, denn in Sachen koffeinhaltige Heißgetränke herrscht babylonische Sprachverwirrung. Bestellt man in Italien einen Kaffee (oder besser einen „caffè“), erhält man das, was in Deutschland als Espresso bekannt ist. Eine stark konzentrierte Kaffeezubereitung, unter großem Druck in einer massiven, meist chromglänzenden und imposant zischenden Espressomaschine von der gefühlten Größe eines asiatischen Kleinstwagens zubereitet.

Ist man dagegen zu Gast in einem italienischen Privathaushalt, wird der „caffè“ klassischerweise in einer zierlichen „Caffettiera“ auf dem Herd gekocht. Das starke, braune Gebräu ist jedoch mitnichten mit der in Bars erhältlichen Variante gleichzusetzen. Denn während eine gute Espressomaschine mit einem Druck von exakt 9 bar brüht, erreichen die kleinen Herdkannen maximal 1,5 bis 3 bar. Beide bringen schmackhaften Kaffee hervor, Espresso (oder besser: caffè espresso) darf sich jedoch nur die unter Hochdruck erzeugte Variante nennen, denn nur sie erzeugt die für einen Espresso konstitutive Crema. Streng genommen ist der deutsche Begriff „Espressokocher“ für die handliche Heimalternative daher irreführend. Eine bessere haben wir allerdings auch nicht zur Hand. Wir beschränken uns daher darauf, Ihnen die Unterschiede zwischen den beiden Geräten aufzuzeigen und die Wahl zu überlassen.

Streng definiert. Das ist ein Espresso

Espresso ist ein italienisches Nationalheiligtum. Und Heiligtümer nimmt man in Italien ernst. Entsprechend sorgt ein „Nationales Institut für italienischen Espresso“ dafür, dass alle Anforderungen klar formuliert sind. Ein zertifizierter italienischer Espresso erfüllt demnach folgende Charakteristika:

  • Er hat eine Crema. Aber nicht irgendeine Crema. Haselnuss- bis dunkelbraun muss sie sein, mit helleren braunen Reflexen und einer sehr feinen Textur. Bläschen, egal wie klein sie sein mögen, sind ein Zeichen mangelhafter Qualität.
  • Ein echt italienischer Espresso riecht nach Blumen, Schokolade und geröstetem Brot. Und natürlich schmeckt er auch danach. Das Aroma hält auch nach dem Genuss an. Manchmal sogar für einige Minuten.
  • Er schmeckt rund, hat Substanz und eine fast samtartige Konsistenz.
    Säure und bittere Aromen sind wohl ausbalanciert.
  • Ein pelziges Mundgefühl sollte (wenn überhaupt) nur in minimalen Ansätzen wahrnehmbar sein.

Ein solcher Espresso brüht sich mitnichten von selbst. Er ist das Ergebnis eines hochkomplexen Zusammenspiels aus Chemie und Physik. Und da kommt die Espressomaschine ins Spiel. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein, um laut besagtem Institut (und wir gehen mal davon aus, dass man dort weiß, wovon man redet) einen idealtypischen Espresso zu schaffen:

  • Jede Tasse wird aus 7 g (+/- 0,5 g) bestem gemahlenem Espressopulver extrahiert. Klassischerweise handelt es sich dabei um eine Mischung aus Arabica und Robusta, da eine solche dem Kaffee Komplexität und Ausgewogenheit zugleich verleiht.
  • Die Boilertemperatur sollte bei 92 bis 96 °C liegen, die Temperatur beim Austritt aus der Espressomaschine bei 88 °C (+/- 2 °C) und die Temperatur in der Tasse bei 67 °C (+/- 3 °C). Weicht die Temperatur zu stark nach oben oder unten ab, wird der Espresso entweder zu bitter oder zu sauer.
  • Der optimale Brühdruck beträgt 9 bar (+/- 1 bar), wofür ein Kesseldruck von 1 bis 1,02 bar vonnöten ist. Nur mit einem solchen Druck wird eine Crema erzeugt, wie sie im Buche steht.
  • Wenn die Durchlaufzeit des Kaffeewassers 25 Sekunden (+/- 5 Sekunden) beträgt, haben Sie (und Ihre Espressomaschine) alles richtig gemacht. In dieser Zeit werden so viele Aromen wie möglich extrahiert, ohne dass Bitterstoffe die Oberhand gewinnen können.
  • Das Volumen in der Tasse, einschließlich der Crema, sollte sich im Anschluss auf 25 ml (+/- 2,5 ml) belaufen: 25 ml perfekter Espressogenuss.

Qualitätskriterien einer Espressomaschine

Zugegeben: Das klingt nicht nur ausgesprochen komplex, das erfordert auch einiges an technischer Präzision. Folgenden Ansprüchen sollte eine gute Espressomaschine daher Genüge tun:

  • Um die Temperaturen konstant auf dem jeweils erforderlichen Level zu halten, sollte der Kessel beziehungsweise Boiler aus Messing oder Stahl bestehen. Billige Maschinen verwenden teilweise Aluminium, das nicht nur zu schnell abkühlt, sondern dem Espresso auch einen unerwünschten metallischen Beigeschmack verleiht.
  • Nicht nur der Kessel sollte Temperatur speichern können, auch die Rohre und die Brühgruppe tragen zum richtig temperierten Espresso bei: Optimal sind Kupferrohre und ein Siebträger aus (verchromtem) Messing.
  • Wer seinen Espresso gerne zu Cappuccino oder Latte Macchiato weiterverarbeitet, ist mit einer zweikreisigen Espressomaschine gut beraten. Hier arbeiten zwei unterschiedlich temperierte Wasserkreisläufe an der jeweils optimalen Temperatur von Dampf und Brühwasser und ermöglichen so eine parallele Zubereitung von Espresso und Milchschaum.
  • Um die perfekte Crema zu erzeugen, muss eine gute Espressomaschine den Druck von 9 bar nicht nur erreichen, sondern auch konstant halten können. Hier trennt sich oft die Spreu vom Weizen. Gerade Kolbenpumpen sind vielfach nicht in der Lage, die gewünschten Leistungen zu vollbringen, weshalb Geräten mit Vibrations- oder Rotationspumpen der Vorzug zu geben ist. - Die Handhebelmaschine ist hier eine Ausnahme, da sie den Druck immer über einen Kolben aufbaut. Hier ist der Benutzer in der Verantwortung einen gleichmäßigen Druck aufzubauen – das erfordert Kraft und Fingerspitzengefühl.
  • Je hochwertiger eine Maschine, desto umfangreicher sind oft die Möglichkeiten, die Leistungen des Geräts zu überwachen. Besonders tiefe Einblicke gewähren Geräte mit Doppelmanometer, auf denen man nicht nur den Brühdruck, sondern auch den Kesseldruck ablesen kann. Das Fehlen einer solchen Anzeige weist jedoch mitnichten auf mangelnde Qualität hin. Vielmehr bietet ein Manometer zusätzlichen Komfort und zeigt Verbesserungspotenziale auf.

Der Faktor Mensch. Die Bedienung einer Espressomaschine

Auch wenn eine hochwertige Espressomaschine Ihnen einen Gutteil der Verantwortung abnehmen kann (und sollte), spielt der Faktor Mensch bei der Herstellung eines perfekten Espresso eine große Rolle. Folgende Aspekte sollten Sie im Blick behalten:

  • Die Espressomischung, die Röstung und das Alter der Bohnen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Idealerweise sollten mindestens zwei bis höchstens zehn Tage zwischen der Röstung und dem Genuss liegen. Anfangs enthalten die Bohnen noch zu viel CO₂, was die Haltbarkeit der Crema negativ beeinflussen kann, älterer Kaffee hingegen verliert an Aroma.
  • Der wesentliche Faktor jedoch, bei dem Sie die Fäden in der Hand halten, ist die Mahlung der Bohnen, denn sie beeinflusst die Durchflussgeschwindigkeit und damit die Extraktion der Aromen. Eine gute Espressomühle, bestenfalls stufenlos verstellbar oder mit vielen Einstellgraden im unteren Mahlbereich, gehört daher in den Haushalt jedes ambitionierten Espressotrinkers. Ist die Durchlaufzeit des Kaffeewassers zu niedrig, kann man durch feineres Mahlen des Pulvers, das mehr Widerstand bietet, dem Ideal der Espressozubereitung näher kommen. Ist sie dagegen zu hoch, sollte der Mahlgrad gröber eingestellt werden.
  • Die Bemessung der Pulvermenge liegt bei all unseren Maschinen ebenfalls immer in Ihrer Hand: 7 g sollten es sein. Eine Feinwaage hilft bei der genauen Dosierung.
  • Das Pulver sollte im Siebträger immer glatt gestrichen beziehungsweise getampert werden. Mit stempelartigen Pressen wird der Kaffee dabei im Siebträger verdichtet, was sich einerseits wieder auf die Durchflussgeschwindigkeit auswirkt und andererseits dafür sorgt, dass das Pulver gleichmäßig durchfeuchtet wird.
  • Nicht zuletzt ist nur eine gut gewartete Espressomaschine eine gute Espressomaschine. Brühgruppe, Siebe und auch Außenteile sollten regelmäßig gereinigt werden, sodass sich keine geschmacksverändernden Rückstände absetzen können. Auch hier besteht ansonsten die Gefahr, dass der Espresso bitter wird.
  • Weitere Tipps zur Verbesserung des Kaffeegenusses finden Sie auf unserer Themenseite „Kaffee kochen“.

Caffè oder Espresso. Ist doch Latte. Hauptsache, es mundet

Man kann zusammenfassen: Ein Espresso ist keine Bohne oder eine bestimmte Mischung verschiedener Kaffeesorten, wie oft fälschlich angenommen, – Espresso ist vielmehr eine sehr spezielle Art der Kaffeezubereitung. Diese ist vor allem an die Höhe des Drucks und die Dauer des Kontakts von Wasser und Kaffeepulver gekoppelt – Werte, die nur von einer Espressomaschine erreicht werden können.

Aber auch wenn der „Caffè“, den ein Espressokocher erzeugt, nach klassischer Definition kein Espresso ist, solange er Ihnen schmeckt und die Möglichkeiten eines solchen Geräts Ihren Ansprüchen genügen, sollten Sie hier zugreifen. Was Millionen italienische Kaffeegenießer zu Hause konsumieren, kann schließlich nicht schlecht sein. Es ist eben nur anders. Und das muss man wissen.

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